Israel: Kehrtwende bei Ernennung von Geheimdienstchef
Wenige Stunden, nachdem Israels rechtspopulistischer Regierungschef Benjamin Netanjahu seine Wahl für den neuen Chef des Inlandsgeheimdiensts Schin Bet bekanntgegeben hatte, hat er diese Entscheidung wieder zurückgezogen. Netanjahu nannte keinen Grund für den Rückzieher bei einer der wichtigsten Personalien in Israel.
Laut israelischen Medienberichten bewog der Widerstand in Netanjahus Anhängerschaft diesen zu dem Rückzieher. Kurz nach Netanjahus Bekanntgabe gab es Berichte, dass der ehemalige Kommandant der Marine, Vizeadmiral Eli Scharvit, an Demos gegen die Regierungspolitik teilgenommen und die Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump kritisiert hat.
Am Abend Entscheidung von der Früh widerrufen
Gestern Früh hatte Netanjahus Büro mitgeteilt, Scharvit solle Nachfolger von Ronen Bar als Leiter des Geheimdiensts Schin Bet werden. Am Abend widerrief er seine Entscheidung. Die Regierung hatte Anfang des Monats beschlossen, Bar zu entlassen, was Massenproteste auslöste.
Das oberste Gericht setzte Bars Entlassung mit einer einstweiligen Verfügung vorerst aus. Trotz der einstweiligen Verfügung gegen Bars Entlassung erlaubte das Höchstgericht, Nachfolgekandidaten zu interviewen.
Bar räumte Versagen ein
Bar und sein Inlandsgeheimdienst Schin Bet – zuständig auch für Palästinenser und palästinensische Terrororganisationen – haben ihre Mitverantwortung am Staatsversagen beim Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel eingestanden. Bar kündigte auch bereits an, vorzeitig zurückzutreten. Netanjahu verweigert es bisher, eine politische Verantwortung zu übernehmen.
Als Grund dafür, dass Bar noch nicht zurücktrat, werden in israelischen Medien der andauernde Mehrfrontenkrieg, die Verhandlungen über die Freilassung der 59 noch in Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln genannt – und Ermittlungen gegen das engste Umfeld von Netanjahu, die „Katargate“-Affäre.
Zeitlicher Zusammenfall mit „Katargate“
Netanjahu hatte Bars Entlassung mit einem „Mangel an Vertrauen“ in den Geheimdienstchef nach dem Hamas-Überfall begründet. Vor allem die Ermittlungen gegen Netanjahus Vertraute, die im Zuge von „Katargate“ als Lobbyisten bezahlt worden sein sollen, dürften aber der Auslöser für Netanjahus Entscheidung, Bar zu entlassen, gewesen sein. Darauf deutet jedenfalls der Zeitpunkt der Entscheidung hin.
Katar vermittelt, unterstützt aber seit vielen Jahren die Hamas und finanziert sie in großem Umfang. Die Ermittlungen könnten auch für Netanjahu gefährlich werden – er wurde erst gestern in der Causa zur Zeugenbefragung geladen. Gegen die mittlerweile in U-Haft befindlichen Verdächtigen und Netanjahu-Vertrauten steht auch der Vorwurf der Spionage im Raum.