Ausland

Das Welternährungsprogramm (WFP) hat eigenen Angaben zufolge im Zuge einer Waffenruhe im Gaza-Krieg seine Nahrungsmittelhilfe verdoppelt. „Eine Hungersnot ist vorerst abgewendet, auch wenn die Lage angespannt bleibt“, sagte der Deutschland-Chef der UNO-Organisation, Martin Frick, gestern.

Das WFP habe seit Beginn der Waffenruhe am 19. Jänner mehr als 30.000 Tonnen Lebensmittel in den Gazastreifen geliefert, hieß es in einer Erklärung der Organisation. Der Durchschnitt in der zweiten Jahreshälfte 2024 lag demzufolge bei rund 12.500 Tonnen pro Monat. „Die Waffenruhe hat uns erlaubt, unsere Hilfe zu verdoppeln“, so Frick.

Die Organisation habe seit Inkrafttreten der Waffenruhevereinbarung zwischen Israel und der Hamas rund eine Million Menschen etwa mit Lebensmitteln, warmen Mahlzeiten und frischem Brot versorgt. In dem Küstenstreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen.

Die Aussage von CDU-Chef Friedrich Merz, dass der mit einem internationalen Haftbefehl belegte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Deutschland ohne Konsequenzen besuchen könnte, hat gestern Kritik ausgelöst. Der Haager Gerichtshof (IStGH) betonte, es sei nicht Sache von Mitgliedsstaaten, die Entscheidungen des Gerichts einseitig zu beurteilen.

„Die Unabhängigkeit des IStGH ist dabei von zentraler Bedeutung, und wir respektieren seine Verfahrensabläufe sowie die Entscheidungen seiner Organe. Dies gilt ausnahmslos“, sagte SPD-Außenpolitiker Nils Schmid der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Linkspartei nannte die Einladung von Merz dagegen eine „Katastrophe“ und warf dem CDU-Chef „Doppelmoral“ vor.

Der Haager Gerichtshof wies darauf hin, dass auch Deutschland seit dem Römischen Statut verpflichtet sei, die Entscheidungen anzuerkennen und umzusetzen. Alle 27 EU-Staaten haben das Statut unterzeichnet. Israel erkennt den Gerichtshof dagegen ebenso wenig wie die USA an.

Merz: „Mittel und Wege finden“

Der IStGH hatte den rechtskonservativen Politiker dafür verantwortlich gemacht, den Krieg im Gazastreifen gegen die radikalislamische Hamas mit ungerechtfertigter Härte geführt zu haben. Er weist das zurück.

Merz betonte in Berlin, er habe Netanjahu in dem Telefonat zugesagt, dass man für den Fall eines Besuchs „Mittel und Wege finden werde, dass er Deutschland besuchen und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist“, sagte der wahrscheinliche nächste deutsche Bundeskanzler in Berlin. „Ich halte es für eine ganz abwegige Vorstellung, dass ein israelischer Ministerpräsident die Bundesrepublik Deutschland nicht besuchen kann“, so Merz.

Rund zweieinhalb Monate nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Syrien ausgesetzt.

Die EU-Außenminister billigten gestern einstimmig Rechtstexte, mit denen die Wirtschaftssanktionen im Banken-, Energie- und Verkehrsbereich vorläufig außer Kraft gesetzt werden.

Waffenembargo bleibt

Die EU nimmt laut der Erklärung unter anderem syrische Banken sowie die staatliche Luftfahrtgesellschaft Syrian Arab Airlines (auch: Syrianair) von ihrer Sanktionsliste, daneben auch die Zentralbank des arabischen Landes. Darüber hinaus setzt die EU ihre Sanktionen gegen die Erdöl-, Gas- und Stromindustrie des Landes aus.

Einige Maßnahmen will die EU in jedem Fall aufrechterhalten. Das gilt für das Waffenembargo gegen Syrien und die Sanktionen gegen Chemiewaffen. Verantwortliche des Assad-Regimes sind weiterhin mit Einreise- und Vermögenssperren belegt.

Vertrauensvorschuss an Islamisten

Assad war Anfang Dezember von der sunnitisch-islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündeten Gruppierungen gestürzt worden. Die Übergangsregierung unter ihrem Anführer Ahmed al-Scharaa bemüht sich seitdem um ein gemäßigtes Image. Nach Einschätzung der UNO dürfte Syrien mehr als 50 Jahre brauchen, um seine Wirtschaftskraft wieder auf das Niveau vor Beginn des rund 14-jährigen Krieges in dem Land zu bringen.

Die Außenminister wollen laut ihrer gemeinsamen Erklärung die Aufhebung weiterer Wirtschaftssanktionen prüfen. Verschlechtert sich das politische Klima in Syrien hingegen, könnten die EU-Sanktionen automatisch wieder eingesetzt werden.

Inland

Der Vater des österreichisch-israelischen Doppelstaatsbürgers Tal Shoham, Gilad Korngold, hat gestern in einem Onlinegespräch Auskunft über den Zustand seines Sohnes gegeben. Dabei dankte er auch der Bundesregierung für die Unterstützung.

Der ehemalige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe ihn alle drei Wochen angerufen, sein Sondergesandter Peter Launsky-Tieffenthal sowie Botschafter Nikolaus Lutterotti und sein Team in der österreichischen Botschaft in Israel hätten sich sehr für ihn eingesetzt. „Ich denke, Österreich hat sehr geholfen, ihn herauszubringen.“ Zu Vertretern der israelischen Regierung habe es hingegen keinen Kontakt gegeben. „Hier in Israel haben sie nicht genug Zeit für die Geiseln“, sagte Korngold.

Korngold kündigte einen Besuch von ihm und seinem Sohn in Österreich an. „Wir werden Österreich besuchen, sobald er wieder reisen kann.“ Shoham befindet sich nach wie vor in einem Krankenhaus in Israel. „Er kam aus der Hölle“, so Korngold. „Es ist ein Wunder!“ Sein Sohn habe zehn Monate im Tunnel verbracht. „Wir sind sehr, sehr glücklich“, sagte Korngold, der seit der Entführung seines Sohnes am 7. Oktober 2023 aus dem Kibbuz Beeri für seine Freilassung gekämpft hatte.

Noch 63 Geiseln

„Mein Sohn wurde mehr als zehn Monate unter der Erde festgehalten. Ohne Frischluft, ohne Sonnenlicht, ohne Vitamine. Er hatte keinen Raum, sich zu bewegen“, erzählte Korngold. Die Monate davor wurde Shoham in einer Wohnung im Gazastreifen festgehalten. Über Radio in hebräischer Sprache war Shoham in der Zeit darüber informiert, was sich in Nahost gerade tue. Im Tunnel sei er zusammen mit einer weiteren Geisel gewesen.

63 Menschen seien noch in der Hand der palästinensischen Terrororganisation. 63 Familien zittern, ob das Abkommen zwischen der Hamas und der israelischen Regierung hält und ihre Angehörigen freikommen. „Wir haben nicht viel Zeit“, sagte Korngold.

Ukraine-Krieg

Russland hat nach eigenen Angaben eine Einigung mit der Ukraine und dem Roten Kreuz über Evakuierungen in der umkämpften russischen Region Kursk erzielt.

Einige Bewohner und Bewohnerinnen befänden sich nun in der benachbarten ukrainischen Region Sumy, sagte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa gestern laut Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Es gebe eine Vereinbarung mit dem Roten Kreuz und der ukrainischen Seite, dass die Menschen über das Nachbarland Belarus nach Russland gebracht würden.

Ukrainischer Angriff vor Monaten

Wie viele Menschen aus Kursk im Rahmen der Vereinbarung in Sicherheit gebracht werden sollen, sagte Moskalkowa nicht. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) unterstützt nach Angaben eines Sprechers Zivilisten und Zivilistinnen in der Region Sumy.

Die Ukraine hatte vor mehr als sechs Monaten einen Überraschungsangriff auf die benachbarte Region Kursk in Russland ausgeführt und Dutzende Dörfer erobert, wurde aber teils wieder zurückgeschlagen. Russland wiederum besetzt etwa 20 Prozent des ukrainischen Territoriums.

Medien

In Ungarn nimmt Ministerpräsident Viktor Orban offenbar den politischen Kurs von US-Präsident Donald Trump zum Anlass, um gegen Medien vorzugehen.

Seine Regierung werde Gesetze „zum Schutz der nationalen Souveränität“ beschließen, kündigte er gestern im Parlament in Budapest an. Dazu solle geklärt werden, welche ungarische Medien finanzielle Mittel aus dem Ausland erhalten würden. „Das Korruptionsnetzwerk, das die gesamte westliche Politik- und Medienwelt beherrscht, muss beseitigt werden“, so der rechtspopulistische ungarische Regierungschef.

Zunehmende Kontrolle

Er sieht sich durch Trumps Entscheidung gedeckt, den Großteil des Budgets der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) für 90 Tage einzufrieren und die meisten ihrer Mitarbeiter zu kündigen. Davon sind weltweit Nichtregierungsorganisationen und humanitäre Projekte betroffen.

Orban hat die ungarische Medienlandschaft in den letzten 14 Jahren umgestaltet und staatliche wie auch zahlreiche private Medien unter direkte Kontrolle seiner Regierung gebracht.

Allerdings ist er zuletzt durch die neue Oppositionspartei TISZA von Peter Magyar unter Druck gekommen, Proteste gegen seine Regierung nehmen zu. Vergangenes Wochenende etwa demonstrierten Tausende Richter für die Unabhängigkeit der Justiz. Kommendes Jahr wird in Ungarn ein neues Parlament gewählt.

Chronik

Wegen des Missbrauchs von fast 300 Kindern muss sich ein ehemaliger Chirurg seit gestern in Frankreich vor Gericht verantworten. Zu Prozessbeginn legte der mittlerweile 74-Jährige ein Geständnis ab. „Ich habe abscheuliche Taten begangen“, sagte der Mann vor Gericht in Vannes.

„Ich bin mir heute bewusst, dass diese Verletzungen unauslöschlich sind“, fügte er hinzu. Er wolle die „Verantwortung“ für seine Taten übernehmen.

Dem Mann wird vorgeworfen, die Kinder unter dem Vorwand von Untersuchungen oder unter Narkose missbraucht zu haben. In dem Prozess geht es um 299 mutmaßliche Opfer, die im Schnitt elf Jahre alt waren.

Opfer hoffen auf „Anerkennung“ ihres Leids

Die Taten waren ans Licht gekommen, als die Polizei bei einer Hausdurchsuchung im Zuge eines anderen Verfahrens auf Tagebücher des Arztes stießen. Darin beschrieb er minutiös, wie er sich an Buben und Mädchen verging – teils im Krankenzimmer, teils sogar auf dem Operationstisch.

Die Opfer des Arztes hofften in erster Linie auf die „Anerkennung“ ihrer Leiden durch die Justiz, sagte die Anwältin Marie Grimaud, die mehrere Nebenkläger vertritt. Viele von ihnen hatten erst im Erwachsenenalter erfahren, was ihnen widerfahren war.

„Auch wenn man es vergessen hat, bleibt das Trauma. Ich lebe bis heute mit den Folgen“, sagte einer der Nebenkläger vor Prozessbeginn.

Religion

Der Gesundheitszustand des schwerkranken Papstes Franziskus ist nach Angaben des Vatikans trotz einer leichten Verbesserung weiterhin kritisch. Es seien „keine asthmatischen Anfälle an Atemnot aufgetreten. Einige Laborwerte haben sich verbessert“, teilte der Heilige Stuhl in einem Bulletin gestern Abend mit.

Der 88-Jährige habe nach wie vor eine „leichte Niereninsuffizienz“, was aber keinen Anlass zu Sorge gebe. Zudem sei Franziskus wieder mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt worden, wenn auch in geringerer Dosis.

Bei einer Andacht auf dem Petersplatz beteten Tausende Gläubige aus aller Welt für den Papst. Geleitet wurde die Andacht von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der Nummer zwei des Vatikans. In den nächsten Tagen soll jeden Abend der Rosenkranz für den Papst gebetet werden.

Franziskus wird seit eineinhalb Wochen in einem Krankenhaus in Rom behandelt. Bereits seit Mitte Dezember leidet der Argentinier an einer Erkrankung der Atemwege. Im Krankenhaus wurde vergangene Woche dann eine Lungenentzündung festgestellt, die beide Lungenflügel erfasst hat.

Kultur

In Italien hat eine Kampagne zur Rettung der Kinos in Rom begonnen. Viele von ihnen laufen Gefahr, in Shops oder Supermärkte umgewandelt zu werden. Zahlreiche Vertreter und Vertreterinnen der Filmbranche unterzeichneten inzwischen einen von Martin Scorsese, Francis Ford Coppola und Jane Campion initiierten Appell, in dem der italienische Präsident Sergio Mattarella aufgefordert wird zu verhindern, dass die in Rom stillgelegten Kinosäle in Einkaufszentren umgewandelt werden.

Schon bevor Streamingdienste populär wurden, sank die Zahl der Kinogängerinnen und Kinogänger in Italiens Hauptstadt beständig. Mehr als 45 Kinohäuser mussten in Rom in den letzten Jahren schließen. Viele Kunstschaffende und Intellektuelle starteten inzwischen eine Kampagne für den Erhalt der traditionsreichen Kinos im Zentrum der Stadt. Sie riefen dabei ihre Kollegen in den USA auf, die Petition an Mattarella zu unterzeichnen.

Bisher wurde der Brief unter anderen von Fanny Ardant, Pedro Costa, Mark Cousins, Willem Dafoe, James Franco, John Landis, Radu Mihaileanu, Mark Ruffalo, Paul Schrader, Damien Chazelle, John Turturro, Thomas Vinterberg und Debra Winger unterschrieben. Scorsese, der italienische Wurzeln hat, lädt „Kollegen aus aller Welt, Festivalleiter und alle Kulturschaffenden ein, diesen Brief zu unterzeichnen“.